Facharzt: „Pharmaindustrie tötet uns mit minderwertigen Medikamenten“

Peter C. Gøtzsche ist Facharzt der Inneren Medizin, Leiter eines Forschungszentrums in Kopenhagen und Autor. Sein am 14.11.2014 erschienenes Buch trägt den Titel: „Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität – Wie die Pharmaindustrie das Gesundheitswesen korrumpiert“.

Gøtzsche fragt in seiner Einleitung, warum wir zulassen, dass Pharmaunternehmen ständig lügen, Straftaten begehen und mit Medikamenten umbringen.

Medikamente, die umbringen? Ja durchaus (und das nicht zu knapp). Laut Gøtzsche sterben jährlich Hunderttausende durch minderwertige Medikamente. Nicht nur durch eine falsche Dosierung. Die Wirkstoffe in den Medikamenten und ihre voreilige Verschreibung sind das Problem.

Der Facharzt kritisiert vor allem, dass Rohdaten aus klinischen Studien Ärzten nicht zur Verfügung gestellt werden. Am liebsten würde er das gesamte „System“ abschaffen und nur öffentliche Institutionen Arzneimittelstudien mit Patienten durchführen lassen.

Der Autor nennt in seinem Buch mehrere Beispiele, bei denen Kinder durch sogenannte „Glückspillen“ zum Selbstmord getrieben wurden. Er berichtet von dem 20-jährigen Justin Cheslek aus den USA. Gegen seine Einschlafprobleme verschrieb ihm sein Arzt Schlaftabletten. Die machten Justin nur noch schlapper und deprimierter, so dass er nun ein Medikament namens Paxil verschrieben bekam.

Justin ging es dennoch immer schlechter. Er konnte weder stillsitzen, noch sich konzentrieren. Sein Zustand wurde immer unerträglicher. Drei Wochen später erhängte sich Justin.

Gøtzsche erzählt auch die Geschichten von Matt Miller, Jeremy Lown oder Candace. Alle drei erhängten sich ebenfalls nach der Einnahme von Beruhigungsmitteln und Antidepressiva. Vicky Hartman erschoss zunächst ihren Mann, dann sich selbst. Sie alle sollen vor der Einnahme  der Medizin keinerlei Zeichen für Suizid gezeigt haben .

Warum sollten uns diese Fälle aus den USA interessieren?

Sollte das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Deutschland zustande kommen, befürchten viele Menschen eine Angleichung europäischer Standards an die der Vereinigten Staaten. So könnten hohe Anforderungen in der Zulassung von Medikamenten wegfallen. Das Abkommen würde Unternehmen erlauben, Staaten zu verklagen, sofern diese deren Umsätze gefährden. Neben Chlorhühnchen und Genmais könnten somit auch gefährliche Arzneimittel Einzug in deutsche Haushalte finden.

Einer norwegischen Studie zufolge stirbt fast jeder Zehnte in Krankenhäusern wegen falsch verabreichter Medikamente. Auf die USA bezogen, bedeutet dies, dass jedes Jahr 200.000 Menschen durch die Pharmaindustrie getötet werden.

Gøtzsche behauptet, dass viele Antipsychotika Herz-Rhythmus-Störungen auslösen und aus diesem Grunde verboten sein sollten. Aber nicht nur diese. Auch minderwertige Mittel gegen Bluthochdruck hält der Facharzt für höchst bedenklich. Nach seinen Schätzungen sterben deswegen in den USA jährlich 40.000 Menschen an Herzversagen.

Seit dem 1. Juli 2014 ist ein neues Arzneimittelgesetz in Kraft. Demnach müssen Patienten für qualitativ hochwertigere Arzneimittel nun mehr zuzahlen.

In einem Test bat ich meine Mutter, die ihr normalerweise verschriebenen Tabletten gegen Bluthochdruck einmal nicht einzunehmen. Stattdessen trinkt sie jeden Morgen ein Glas Wasser mit ein paar Spritzern Essig. Sie ist selbst erstaunt, dass ihr Blutdruck nicht mehr so hoch ist (140 statt sonst 180 mg Hg). Sie klagte jedoch zweimal über Kopfschmerzen in dieser einwöchigen Testphase.

Natürlich ist dies kein allgemeingültiger Nachweis, dass günstige Mittel gegen Bluthochdruck nicht gut wirken. Vielmehr sollte jeder sich die Packungsbeilage gut durchlesen und vor einem Selbsttest seinen Arzt konsultieren. Von voreiligen Eigenttest raten wir ab.

Gøtzsche fordert in seinem Buch radikale Veränderungen in der Gesellschaft. Vor allem sollen die Menschen von ihrer Medikamentenabhängigkeit befreit werden. Tatsächlich gibt es einen signifikanten Anstieg an Medikamentenkonsum . In der Türkei beispielsweise wurden in einem Jahr insgesamt 38 Millionen Packungen Antidepressiva verschrieben, bei einer Bevölkerungszahl von 76 Millionen.

Wir alle können etwas gegen die Pharmalobby und ihre Machtstellung tun. Indem wir zurückhaltender mit Medikamenten umgehen. Es muss nicht immer eine chemische Tablette sein. Hausmittel helfen ebenso gut bei Kopfschmerzen, Fieber, Durchfall oder Verstopfung. Befragen Sie ihre Großeltern oder das Internet!

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